Vokabellernen ist doof. Stimmt. Man kommt aber nicht ohne Vokabeln in der Fremdsprache aus, daher ist das “Wie” entscheidend. Das haben wir Fremdsprachenlehrer letztens nochmals auf Twitter festgestellt:

Diese Einsicht ist nicht neu, sondern sie gibt es auch schon in Bezug auf die Erstsprache (≈ Muttersprache, aber dieses Wort ist mE so ungenau).

Eine interessante Internetseite mit Tipps und Tricks, eigentlich für Eltern,  ist Parent Toolkit (englisch). Der Beitrag Helping Your Child Build a Strong Vocabulary beschreibt, wie man Kindern täglich helfen kann, neue Wörter zu lernen.

Übertragen kann man das auch auf den Fremdsprachenunterricht. Besonders folgende Tipps finde ich sehr hilfreich:

 

Multiple Exposure

Laut Beitrag müsse ein Kind ein neues Wort 4-12 Mal hören, bevor es das Wort aktiv in seinen Wortschatz (seiner Erstsprache) aufnimmt.

Für den Unterricht heißt das ganz banal, dass beispielsweise Lernen mit reinen Vokabellisten überhaupt keinen Sinn ergibt. Man kann diese Listen durchaus als Grundlage nutzen, wenn man neue Wörter z.B. aus einer Lektüre sammelt und diese dann in ein Glossar/alphabetisches Verzeichnis umwandelt.

Die neuen Wörter müssen allerdings oft und aktiv eingeübt werden, vor allem auch in unterschiedlichen Situation, damit dem Lerner klar wird, wann das Wort angemessen ist zu benutzen.

 

Make words concrete

Neue Wörter sollten visualisiert werden, damit sie behalten und damit gelernt werden. Das ist eine gute Erweiterung zu den vorher genannten Vokabellisten: nicht nur der Kontext ist wichtig, sondern auch eine Assoziation.

Ganz einfach lässt sich das mit kleinen Bildchen, Grafiken oder Comics im Unterricht umsetzen. Die Lehrkraft könnte einige Vorschläge mitbringen, die Schüler sollen aber auch ihre eigenen Ideen umsetzen und einbringen können. Besonders nachhaltig sind diese Bilder, wenn man sie nicht nur beim ersten Lernen, sondern auch später beim Üben einsetzt, indem man zum Beispiel aus Bildern und Wörtern ein Memory-Spiel erstellt.

Der Beitrag geht sogar noch über die einfache Verbindung mit Bildern hinaus und schlägt vor, einzelne Worte szenisch nachzustellen. Gut klappen solchen kleinen Theatereinschübe mit der Unterstufe und aber auch wieder mit der Oberstufe! Mit der Mittelstufe, insbesondere Klasse 7 und 8 würde ich das szenische Spiel von Vokabeln allerdings meiden 😉

 

See it say it write it

Damit ein Wort wirklich gelernt wird, müsse das Kind in der Lage sein, das Wort sowohl zu lesen, zu sprechen als auch zu schreiben. Diese Forderung des Beitrags spricht ganz klar die verschiedenen Lernertypen an wie auch die Aufnahme von Wissen über verschiedene Lernkanäle.

Eine schnell umsetzbare Möglichkeit für den Unterricht sind kleine Stationen-Übungen zu den neuen Vokabeln:

  • jumbled words: Buchstaben müssen in die richtige Reihenfolge gebracht werden
    → lesen + schreiben
  • listen, speak and repeat: über Kopfhörer werden neue Wörter gehört, dann z.B. mit dem Handy selbst aufgenommen und wieder gehört und so verglichen, ob die Aussprache stimmt
    → sprechen (+ hören)
  • word snake: es werden Sätze gebildet, bei denen die neue Vokabel mal am Anfang, mal in der Mitte und mal am Ende stehen muss
    → schreiben

 

Show how you learn new words

Dieser Tipp ist einer meiner Favoriten. Man solle nämlich dem Kind zeigen, wie man sich selbst verhält, wenn man ein neues Wort kennenlernt und betonen, dass es auch immer noch neue Wörter für einen selbst gibt! Dabei können dann Lernstrategien wiederholt werden, z.B. das Erschließen aus dem Kontext.

Ich habe mir für meinen Unterricht vorgenommen, noch öfter von neuen Wörtern zu erzählen, die mir begegnet sind, die ich als gut, komisch oder schlecht bewerte. Man könnte auch ein Poster Word of the day/week vorbereiten, auf dem täglich/wöchentlich wechselnd die neuen Wörter stehen, die man außerhalb des Klassenraums aufgeschnappt hat und daraus ein kleines Ritual machen.

 

Words with multiple meanings

Dieser Hinweis ist einer der wichtigsten und kann im Zusammenhang mit dem ersten Hinweis Multiple exposure gesehen werden. Zum einen gibt es Worte, die genau gleich aussehen, aber unterschiedliche Bedeutungen haben. Im Beitrag ist das Beispiel “bat” gegeben, das sowohl Fledermaus als auch (Baseball-) Schläger bedeutet.

Zum anderen gibt es Worte, die im Fremdsprachenjargon Homonyme genannt werden, die gleich klingen, aber unterschiedlich geschrieben werden. Beispiele dafür sind “bye/buy” und “days/daze”.

Im Unterricht kann man mit Hilfe dieser Wörter sehr gut die Fähigkeit schulen, auf den Kontext zu achten und somit zu entscheiden, welche Bedeutung Sinn ergibt. Dafür bieten sich besonders Hörübungen und Auswahlübungen an.

 

Abschließend lässt sich also sagen, dass das Lernen beim Erst- und Zweitspracherwerb durchaus Ähnlichkeiten hat und aufeinander aufbauen kann, wenn man die Gemeinsamkeiten richtig nutzt.

 

Weitere nützliche Tipps:

Photo credit: https://pixabay.com/en/board-learn-education-training-784347/

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