„The Imitation Game“ wurde 2013 in England gedreht, unter anderem in London und dem echten „Bletchley Park”, wo während des Zweiten Weltkriegs unter der Tarnung einer Radiofabrik versucht wurde, die deutschen Funksprüche zu entschlüsseln. Veröffentlicht wurde der Film im Herbst 2014.
Der Film machte Alan Turings Lebenswerk einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich, sodass Kritiker besonders hervorhoben, wie eindrucksvoll der Film die Themen Kryptografie, künstliche Intelligenz und gesellschaftliche Ungerechtigkeit verbindet.
„The Imitation Game“ erhielt insgesamt neun Oscar-Nominierungen und gewann auch den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch. Dieses basiert auf der Biografie Alan Turing: The Enigma von Andrew Hodges, die bereits 1983 veröffentlicht wurde.
Interessant ist, dass kurz nach Produktionsbeginn im September Queen Elizabeth II. Alan Turing dann im Dezember 2013 begnadigte und seine Leistungen würdigte. Das verstärkte natürlich das öffentliche Interesse und half dem Film, da die Debatte über Turings Verfolgung und spätere Rehabilitierung bereits in den Medien präsent war.
Wer war überhaupt Alan Turing?
Alan Turing (1912–1954) war ein britischer Mathematiker, Informatiker und Kryptograph, der als einer der Väter der modernen Informatik gilt.
Während des Zweiten Weltkriegs spielte er eine entscheidende Rolle bei der Entschlüsselung der deutschen Enigma-Codes, welche das deutsche Militär nutzte, um z.B. bevorstehende Angriffe oder auch Positionen der U-Boote verschlüsselt zu funken. Die Entschlüsselung durch die Gruppe in Bletchley Park trug maßgeblich zur Verkürzung des Krieges bei!
Turings theoretische Arbeiten legten später den Grundstein für die Entwicklung von Computern und künstlicher Intelligenz.
Trotz seiner Errungenschaften wurde er wegen seiner Homosexualität strafrechtlich verfolgt und 1954 unter tragischen Umständen tot aufgefunden. Wie bereits erwähnt, wurde er erst Jahrzehnte später er offiziell rehabilitiert. Man könnte also auch sagen, dass der Film dazu beitrug auf die Diskriminierung von LGBTQ-Personen in der Geschichte aufmerksam zu machen.
Warum im Unterricht?
Ich schaue den Film in der 6. Klasse in Informatik nachdem wir uns mit Verschlüsselungstechniken, wie zuletzt der Caesar-Verschlüsselung beschäftigt haben. Der Film dient also vordergründig dazu, Kryptografie und Datensicherheit sowie die Anfänge der künstlichen Intelligenz und modernen Computertechnik zu zeigen. Die „Turing-Maschinen” wurden zu unseren späteren Computern und der „Turing-Test” war lange eine Möglichkeit, Mensch und Computer voneinander zu unterscheiden – einige KIs sollen diesen übrigens mittlerweile bestanden haben…
„The Imitation Game“ ist aber nicht nur ein Film über Mathematik und Informatik, sondern auch über Gleichberechtigung und gesellschaftlichen Wandel! Darüber hinaus kann man also folgende Inhalte mit dem Film wirklich gut thematisieren:
- Historische Bedeutung: Wie Technologie Kriege beeinflusst hat
- Gesellschaftliche Aspekte: Diskriminierung homosexueller Menschen, Rolle der Frauen (u.a. in technischen Berufen)
Wie ich vorgehe
Zuerst überprüfe ich das Alter in den 6. Klassen. Da der Film eine FSK-Freigabe ab 12 hat, schreibe ich einen Elternbrief mit einer Einverständniserklärung, dass auch ein noch elfjähriges Kind den Film schauen darf (bisher habe ich immer von allen Erziehungsberechtigten das OK bekommen).
Diese Einverständniserklärung kannst du hier als Vorlage kopieren:
„The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ (FSK 12)
Liebe Eltern und Erziehungsberechtigte,
im Informatik-Unterricht beschäftigen wir uns momentan mit dem Thema „Verschlüsselung“ von Daten. Passend dazu möchte ich den Film „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ (2014) zeigen. Dieser Film erzählt die wahre Geschichte des britischen Mathematikers und Kryptoanalytikers Alan Turing, der während des Zweiten Weltkriegs mit seinem Team den Enigma-Code der deutschen Armee entschlüsselte und damit einen entscheidenden Beitrag zum Kriegsverlauf leistete.
Der Film ist von der FSK ab 12 Jahren freigegeben, weil unter anderem einige realistische Kriegsszenen gezeigt und gesellschaftliche Vorurteile gegenüber Alan Turing angesprochen werden. Da Ihr Kind zum jetzigen Zeitpunkt das 12. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, benötige ich Ihr Einverständnis, dass es den Film bzw. ausgewählte Szenen davon trotzdem im Unterricht ansehen darf.
Bitte unterschreiben Sie die folgende Einverständniserklärung und geben Sie sie Ihrem Kind mit zurück in die Schule.
Vielen Dank und freundliche Grüße
Nina Toller
Einverständniserklärung
Ich gestatte meinem Kind __________________________, Klasse 6 , den Film
„The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ (FSK 12) im Unterricht anzusehen.
Datum ________________ Unterschrift Erziehungsberechtigte/r: _________________________
Der Unterricht findet außer
dem nicht im Informatik-
sondern im Klassenraum statt.
Die Klasse erhält verschiedene Beobachtungsaufträge, in der ersten Stunde Nummer 1-3, dann 4-5:
- Was erfährst du über Alan Turing?
- Wie funktionieren die deutsche “Enigma” und Turings “Christopher”?
- Sonstiges / Fragen
- Welche Rolle spielt Joan Clarke (für Alan / fürs Team)?
- Was ist der “Schlüssel” zum Erfolg?
- Warum dürfen sie nicht alle Nachrichten weitergeben?
Die Schüler schreiben alle Fragen auf ein Blatt und notieren dann immer nur kurz die Nummer vor ihrer Antwort. Manche Antworten kommen nämlich an unterschiedlichen Stellen im Film vor, z.B. was sie alles über Alan Turing erfahren.
An der Tafel notiere ich die drei Zeiträume, in denen der Film spielt, damit sie diese die ganze Zeit über vor Augen habe
1 Polizeiermittlung und Verhör – 1951
2 Haupthandlung – während des Krieges – ab 1939
3 Alan Turings Schulzeit – 1928
→ Wenn eine Szene in einen anderen Handlungsstrang wechselt, sage ich das auch immer an.
Während des Films pausiere ich öfter, um weitere Dinge zu erklären oder auch um nachzufragen, wie/ob sie die Szene verstanden haben. Da ich zu den Schülern gewandt sitze, ist auch die Vereinbarung, dass sie lautlos die Hand heben, sobald sie eine Frage haben. Dann wird auch pausiert und die Frage geklärt. Ein paar Beispiele:
„Ich mach kurz Pause, damit ihr erklären könnt: Es wurde gesagt, dass ganz viele Kinder evakuiert wurden. Einmal müssen wir viellicht das Wort „evakuieren” klären und dann will ich wissen, warum.”
Anfangs überlegte ich, eine Wortliste mit Erklärungen anzufertigen, doch das wäre wahrscheinlich zu viel geworden. Wenn es für das Verständnis wichtig ist, pausiere ich also lieber.
„Wie sieht das aus?” – „Wie unsere (Caesar-)Scheibe, nur viel, viel größer!” – „Versuche das genauer zu erklären!” – „Wir haben nur 2 [Alphabete] und da sind viel mehr über einander.” – „Genau, also nicht nur ein Buchstabe wie wir den haben, sondern pro Reihe ganz viele hintereinander. Wollt ihr noch was sagen?” – „Das sind ja super viele Möglichkeiten, ich weiß nicht mehr genau, 150 Millionen Millionen…” – „Genau, 159 mit 18 Nullen dran!”
Hier wollte ich bspw. den Bezug zu unserem Unterricht und der Caesar-Verschlüsselung herstellen. Das haben sie auch ganz schnell erkannt, dass die Maschine von Turing darauf beruht.
Mit diesem Vorgehen brauche ich in der Regel 2-3 Schulstunden (bei uns sind es 70 Minuten) allein zum Schauen und Besprechen, obwohl der Film eine Länge von nur 114 Minuten hat. An manchen Stellen ist er allein durch die drei Handlungsstränge aber wirklich komplex, sodass ich das Verständnis sichern möchte.
Zu Beginn klären wir die Beobachtungsfragen der letzten Stunde, sodass wir auch nochmals den Inhalt wiederholt haben.
Die letzten Szenen bestehen vor allem aus Text, die die Situation nach dem Krieg erklären. Diese lese ich vor und bespreche oft, je nach Klasse, die Reaktionen darauf. Dann erstellen die Schüler eine erste Rückmeldung, die sie gern anonym halten können:
Schreibe die Zahlen auf ein eigenes Blatt und dann deine Meinung dazu. Stichworte reichen.
1 Das gefiel mir gut
2 Das mochte ich nicht
3 Ist es eine gute Idee, den ganzen Film im Unterricht zu schauen oder wären nur Ausschnitte besser? Begründe.
Gib das Blatt bei mir ab. Entscheide selbst, ob du deinen Namen angeben möchtest.
Zurück im Computerraum bearbeiten die Schüler noch quasi „Post-Viewing”-Aufgaben:
Kreative Aufgabe
Suche dir eine Aufgabe aus und reiche sie nächste Woche ein (handschriftlich oder digital)
- Schreibe einen Brief an Alan Turing, in dem du dich für seine Arbeit bedankst.
ODER - Stell’ dir vor, du bist ein Teammitglied von Alan Turing. Beschreibe, wie du dich gefühlt hättest, als sie die Enigma geknackt haben.
ODER - Zeichne oder erkläre mit eigenen Worten, wie Alans Maschine „Christopher“ funktioniert hat.
Freiwillige Zusatzaufgaben
Suche dir, wenn du möchtest, hier eine Frage aus, recherchiere und reiche deine Ergebnisse nächste Woche ein.
- Warum wurde Alan Turing in den 1950er Jahren verurteilt? Wie wurde er später geehrt?
- Wie funktionierte die Enigma-Maschine genau?
- Inwiefern war Alan Turings Arbeit wichtig für die Entwicklung moderner Computer?
- Was ist der Turing-Test?
- Welche anderen berühmten Spione oder Codebrecher gab es während des Krieges?
- Was findet man heute über die streng geheime Organisation „Ultra“ heraus?
- Gibt es etwas, das DU herausfinden möchtest, das hier nicht genannt ist? Recherchiere das!
Fazit
Die Antworten der Schüler bei der „Rückmeldung” zeigen immer ganz deutlich, dass die große Mehrheit den Film spannend und lehrreich (das ist meine Wortwahl 😉) findet und es auch gut findet, den Film ganz zu schauen, damit man alles versteht.
Im Anschluss, wenn es dann im Unterricht um „Abläufe und Algorithmen” geht, kann ich ganz oft Bezüge zum Film herstellen, sodass die Klassen auch das neue Thema meiner Meinung nach besser verstehen.
Außerdem erledigen tatsächlich viele Kinder einige der freiwilligen Aufgaben und zeigen Interesse an den Themen.
Eine Konsequenz für mich persönlich war, dass ich auch meinen Geschichtsunterricht nochmal hinterfragt habe, was den Verlauf des Zweiten Weltkriegs und die Entschlüsselung betrifft. Diese war nämlich so lange unter Verschluss, dass ich in meiner Schulzeit und auch während des Studiums nichts von der „Operation Ultra” mitbekommen hatte!