Das Problem: Viele sogenannte Nebenfächer werden, gemäß dem Namen, etwas stiefmütterlich behandelt. Sie zählen nicht so richtig, man kann auch noch mit zwei Fünfen ohne große Probleme versetzt werden und wenn etwas ausfällt, ist es ja nicht so schlimm, weil es ja “nur” ein Nebenfach war.
Bereits an anderer Stelle habe ich die Vor- und Nachteile der 70-Minuten-Stunde an meiner Schule beschrieben. Für eine Routine und Lernen durch wiederholtes Üben ist die eine Stunde in der Woche, die ich durch das Modell nur habe, aber blöd.
Also hatte ich, seitdem ich an meiner Schule bin, die sogenannte “Ü-Ei-Überprüfung” eingeführt. Eine meiner Ausbildungslehrerinnen an meiner Ref-Schule machte so etwas Ähnliches und ich habe es mir direkt abgeschaut und für mich angepasst. So möchte ich das Wissen und Lernen der Nebenfächer aufwerten und gleichzeitig auch in einem (fast ausschließlich) mündlichen Fach “etwas in der Hand haben”. Wie läuft das also ab?
Die wöchentliche Ü-Ei-Überprüfung
Am Anfang jedes Schuljahres füllen die Schüler in der ersten Geschichtsstunde einen kleinen Papierschnipsel mit ihrem Namen und einer/m historischen Person/Geschehen/Ort mit dem gleichen Anfangsbuchstaben aus. Ich rufe sie einmalig alphabetisch auf, sodass ich mir Gesicht und Name einprägen kann und das historische “Etwas” als Merkhilfe habe, das sie allerdings auch erklären müssen.1
Dieser Schnipsel wird dann in “das Gelbe vom Ei” gelegt, sodass ich eine ganze Kiste mit gelben Ü-Eiern und den Namen der Klasse habe.
In jeder Stunde gibt es eine schriftliche Sicherung, die die Schüler am Ende der Stunde im Heft stehen haben. Ich sage ihnen dann immer, dass sie sich am Vorabend, im Bus und/oder in der Pause vor der nächsten Stunde diesen Hefteintrag nochmals ansehen sollen. Ich möchte damit erreichen, dass sie schon vor der Stunde “wieder im Bilde” sind, was wir denn vor einer Woche gemacht haben – in einer Woche, in der sie so viele andere Dinge gelernt und erlebt haben, dass sie sich garantiert auch so direkt an die Hindernisse für die deutschen Länder während der Industrialisierung erinnern würden 🙃
Also mische ich die Ü-Eier am Anfang jeder Stunde in der Kiste durch und ziehe ungefähr drei Schüler nacheinander und stelle ihnen Fragen, die sie beantworten sollen. Wenn es ein größerer Hefteintrag, wie z.B. eine Mindmap war, dann lasse ich sie aussuchen, was sie vorstellen wollen. Wenn dann nur noch eine Kategorie übrig ist, ziehe ich kein Ü-Ei, sondern lasse die Frage freiwillig beantworten. Das heißt, die Schüler sind nie auf sich allein gestellt, sondern werden von mir durch meine gezielten Fragen “geführt”. In meiner Liste mache ich mir dann immer eine kurze Notiz (+ o -), wie die Ü-Ei-Überprüfung war.
Am Ende des Schuljahres, bei der Gesamtevaluation, sagen die Schüler immer, dass sie die Überprüfung gehasst, aber gleichzeitig noch nie so viel (von Geschichte) behalten haben. Meine Pingeligkeit bei der Heftführung trage noch dazu bei. Sie finden es also ein gutes Übel, was sie an meiner Stelle beibehalten würden 2 😁
Die nächste Stufe: Die digitale Variante
So schön die Überprüfung mit den Überraschungseiern ist und so gern ich das Geräusch des Mischens mag (hihi), suche ich natürlich auch hier immer nach Optimierung. Der Vorteil des Zufalls ist beispielsweise auch gleichzeitig sein Nachteil: Manche Schüler werden öfter Woche für Woche gezogen, manche hingegen gar nicht. Bei sehr stillen Schülern habe ich bereits angeboten, sich freiwillig überprüfen zu lassen, da sie so die SItuation, in der sie etwas beitragen, kontrollieren können und sie nur das wiedergeben müssen, was sie bereits wissen. Manchmal dauert die Überprüfung mir auch zu lang oder ich vergesse auch manchmal mir die Notiz für den einzelnen Schüler zu machen 🤦🏻♀️ Das hole ich dann meist am Ende der Stunde oder am Nachmittag nach – trotzdem blöd.
Also habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich diese Art von Überprüfung beibehalten kann, aber das Ganze etwas digitaler und vielleicht sogar zeitökonomischer mache. Zuerst dachte ich an Google Forms. Ich überlegte, ob ich für jede Stunde circa drei Fragen vorformulieren könnte und dann die unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten wie Multiple Choice und freie Textantworten einbinden könnte. Doch dann wurde mir klar, dass (besonders am Anfang der achten Klasse) nicht alle Schüler ein Handy zur Verfügung haben. Außerdem müsste ich dann immer erst das WIFI “aufbauen”. 3
Die nächste Idee, die ich nach den Ferien nun auch in Geschichte ausprobieren werde, ist Plickers. Kurz gesagt funktioniert das so:
Die Lehrkraft bereitet Fragen mit Multiple-Choice- oder True-False-Antworten vor.
Die Schüler haben eine Papierkarte in der Hand, die sie so hochhalten, dass der richtige Antwortbuchstabe oben ist.
Die Lehrkraft scannt mit der App alle Schüler und hat eine direkte Übersicht, wer welche Antwort gegeben hat, da den Karten Nummern zugrunde liegen, die Schülern zugeordnet sind. 4
So soll es dann ungefähr live aussehen:
Wie man mit Plickers arbeitet, zeigt diese kleine Präsentation, die von Plickers selbst neben vielen anderen Dingen in einem Presenter Kit bereitgestellt wird:
Wer möchte, hier auch als PDF-Version.
Ich bin noch unsicher, ob das alles auch so schnell funktioniert und mein Handy bzw. iPad auch alle 28 Schüler auf einmal scannen kann. Ich habe aber schon mal einen Testdruck in Entwurfsqualität gemacht und ich muss sagen, egal wo und wie weit das Blatt weg war, mein Handy scannte und zeigte alles richtig an.
Wenn alles so klappt wie geplant, würde es für mich also folgende Vorteile bieten meine geliebte Ü-Ei-Überprüfung durch Plickers zu ersetzen:
- Es geht schnell.
- Ich habe eine regelmäßige Rückmeldung von allen Schülern.
- Alle sehen die Antworten der Klasse und die richtige Antwort auf dem Bildschirm (bei mir: Smartboard).
- Ich könnte ebenfalls sehen, welche Themen(teile) verstanden wurden und welche nicht. | Idealfall.
- Vielleicht könnten wir es sogar in der Klasse gemeinsam schaffen, die Fragen zu erstellen. Dann sind die Schüler mehr in der “Macher”-Rolle und haben noch mehr Kontrolle. | noch ein Idealfall.
Ich habe also bisher zwei Fragesets vorbereitet und werde dann ein Update posten, sobald ich es eingesetzt habe.
Nun seid ihr gefragt: Haltet ihr diesen Einsatz von Plickers für sinnvoll? Wie setzt ihr das Tool ein oder was fällt euch ein? Bitte kommentiert fleißig!
Fußnoten
1. Kürzlich habe ich einen Blog-Artikel der ESL Library gefunden, in dem die großartige Shelly Sanchez Terrell kleine Spiele vorstellt, wie man die Namen der neuen Schüler lernen kann. Davon werde ich auch etwas ausprobieren, sehr wahrscheinlich das “Acrostic”, also Akronym. ↩
2. Ungefähr alle vier Wochen nutze ich diese Kiste ebenfalls zum Losen der neuen Sitzordnung. Auch hier ist die Rückmeldung der Schüler erst “boah”, dann “okay, so sitzen wir überall mal neben jedem – und nicht für lang”. Für nächstes Schuljahr habe ich mir hier aber auch eine digitale Variante vorgenommen, die zufällig verteilt: Den Sitzplangenerator. ↩
3. Da wir kein WLAN in der Schule haben, ich in den meisten Räumen aber LAN-Internet habe, schließe ich oft mein privates MacBook an und erzeuge dann einen Hotspot für die ganze Klasse in dem jeweiligen Raum. ↩
4. Ich habe die Karten übrigens einfach anonymisiert, indem ich zwar die Klassenbezeichnung habe, aber dann nur der Kartennummer die Nummer des Schülers aus der Klassenliste zugeordnet habe. Ich sehe also ganz klassisch und analog, wer welche Antwort gegeben hat .↩
Keine Sorge, Plickers scannt zuverlässig, schnell und auch große Klassen.
Ach, super, danke dir! Bei allen möglichen Fortbildungen, bei denen ich selbst Plickers ausprobierte, waren es ja immer nur so um die 10 Leute.
Ich habe Plickers schon ein paar Mal in meinem Mathe- und Chemieunterricht eingesetzt und bin mit dem Einsatz bisher zufrieden.
Ich habe die Plickerskarten auf etwas dickerem Papier ausgedruckt (160 g/cm^2), damit sie stabiler sind. Laminieren sollte man lassen, da sonst das Risiko besteht, dass die Folie bei ungünstigem Lichteinfall reflektiert. Das Scannen funktioniert sehr gut, solange kein Fenster hinter den SuS ist – bei Gegenlicht gibt es etwas Probleme. Ich zeige die Fragen über Beamer & Mac und scanne mit dem iPad ein. Dabei habe ich allerdings in der Regel die Verteilung der Antworten ausgeschaltet, da der Klassenvergleich kein Ziel für mich ist, sondern die individuelle Leistung zählt. Da man in Plickers nur geschlossene Items erstellen kann, formuliere ich die Fragen, wenn es geht, so, dass noch eine Erklärung notwendig ist. Ich wähle dann eine*n der SuS für die Erklärung aus, der*die richtig geantwortet hat.
Ich mag an der Methode, dass man eine schnelle Übersicht bekommt, wo insgesamt oder bei einzelnen SuS noch Probleme liegen. Mir ist aufgefallen, dass sich dadurch mein Blick für die SuS schärft, die sehr ruhig sind, aber Schwierigkeiten haben, aber von sich aus nicht fragen.
Ich würde allerdings offene Antworten bevorzugen, wenn das einfach unter den gegebenen Bedingungen umsetzbar wäre. Außerdem eignet sich das Format nicht so gut für komplexe Aufgaben.
Viel Spaß beim Ausprobieren. Ich bin gespannt auf deine Erfahrungen!
Danke für deinen ausführlichen Kommentar und die Tipps! Ja, ich würde auch gern was offenes haben, aber da kann man dann wohl schlecht nur scannen 😉
Ich bin gespannt, wie es ankommt!
Ich nutze Plickers gern zwischendurch, meist in Englisch, selten in Deutsch. Meine SuS mögen es gern, ebenso wie kahoot! und Quizlet.
Das Problem, das ich für mich am ehesten sehe, ist, dass jede einzelne Frage für sich mit vier Klicks in die Queue eingereiht werden muss. Das nervt und schmälert die Begeisterung bei mir…
Stimmt, diese Queue fand ich auch komisch. Da ich ja aber immer nur 3-4 Fragen höchstens habe, geht das einigermaßen.
Hallo Nina,
vielen Dank für deinen Hinweis auf plickers.com. Ich hatte davon schon gehört, mir dann aber wieder gedacht: zu kompliziert. Ist aber wirklich einfach in der Anwendung im Klassenraum. Ich habe heute am ersten Schultag in Hessen gleich nach dem ganzen Input eines ersten Schultages ausprobiert, wie plickers funktioniert. Es war wirklich einfach, hat super geklappt. Und mit der „live view“-Möglichkeit über das Smartboard nehmen die Schülerinnen und Schüler aufmerksam Anteil an dem, was so geschieht. Ich habe alle Ergebnisse mit Leichtigkeit scannen können, direkt aus der App heraus auf mein Ipad. Und durch die schnelle Rückmeldung merkt man als LehrerIn gut, was bereits verstanden wurde und wo es noch hakt. Für 2018/19 erstmal meine Lieblingsapp 😉
Schöne Ferien noch!
Viele Grüße
Hey!
Ach, das ist ja sehr cool! Freut mich, dass du es direkt ausprobieren konntest und die Methode auch direkt so überzeugt hat! Dann schaue ich meinem Versuch ja noch gelassener entgegen 😃👍🏻
In der Fußnote hast du einen digitalen Sitzplangenerator erwähnt. So etwas finde ich auch sehr praktisch, da es natürlich schneller ist, als wenn ich immer alles mit Zetteln oder der von dir beschriebenen Ü-Ei-Methode mache. Bei uns ist die Methode der ständig wechselnden Sitzordnungen bei den Schülern auch sehr beliebt. Ich persönlich nutze aber lieber den Sitzplangenerator von sitzplangenerator.de, da dieser sich noch etwas besser bei Gruppentischen oder einer Hufeisenanordnung eignet, als der von dir verlinkte.