Konferenzen, Elternsprechtage, Korrekturen, Teambesprechungen – ach ja, und auch noch Unterricht! Diese Liste deckt nur einen kleinen Teil des Lehreralltags heutzutage ab. Die Vorstellung, man sei mittags zu Hause und könnte sich dann einen schönen Tag machen, weil man “am Nachmittag ja frei hat”, nachdem man “morgens recht hatte”, ist längst überholt – wenn sie denn jemals zutraf.

So zeigte der 124. Edchatde* zum Thema “Stress- und Zeitmanagement für Lehrer”, dass es großen Gesprächsbedarf gibt (siehe Tweetprotokoll). Dies nahm Twitterer/Blogger @herr_mess zum Anlass eine Blogparade zu starten, nachdem Twitterin/Bloggerin @LeAuLei in ihrem Blogartikel tolle Tipps und Ideen zeigte.

Was sind  also die Hauptfaktoren, die zu Stress und Zeitdruck führen? Ich persönlich habe das Gefühl, dass der Unterricht immer mehr zur Nebensache wird und der größte Teil der Zeit für Verwaltung, Formulare und Dokumentieren “draufgeht”.

Mein erster Tipp also:

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Ruth Krauss Open House for Butterflies

 

Sobald man sich “frei gesungen” hat 😉, geht es in erster Linie um Zeitmanagement. Man muss sich Strategien überlegen, wie man die Flut an Aufgaben organisiert bekommt. Eine gute Zusammenfassung habe ich letztens bei meinunterricht.de gefunden: “Wie man Aufgaben stressfrei und zeitsparend erledigt.”

Grundsätzlich halte ich mich mittlerweile an eine “Zwei-Minuten-Regel”. Auf dieses Konzept hat mich Twitterin/Bloggerin Ines Bieler aufmerksam gemacht:

Dieses Vorgehen zwingt einem zwar etwas Disziplin ab, aber am Ende sind es wirklich nur zwei Minuten und die Aufgabe ist erledigt.

Im Folgenden möchte ich ein paar ganz konkrete, inhaltliche Tipps aus meinem Alltag teilen, die sich schnell und meist ohne großen Aufwand umsetzen lassen:

  • Verteile deine Energie! 

Ich würde mich selbst als kleine Perfektionistin ansehen. Allerdings weiß ich auch, dass ich einfach nicht die Zeit habe, jede Aufgabe so perfekt zu erledigen, wie ich es gern hätte.

Also “verteile” ich meinen Perfektionismus: Bei jeder Unterrichtsreihe bekommt eine andere Klasse meine volle Hingabe, mit größer angelegten Projekten, viel kreativen Aufgaben und sehr viel Schüleraktivierung. Die anderen Klassen erleben guten Unterricht, der  viel auf dem Lehrbuch und den Anregungen der Lehrerhandbücher aufbaut.

Vorteile: Ich weiß, dass der gesamte Unterricht gut läuft. Gleichzeitig kann ich einen Großteil meiner verfügbaren Zeit effektiv auf das Schuljahr und die vielen Klassen verteilen. Die Schüler  bekommen dadurch tatsächlich auch Abwechslung. Man muss bedenken, dass sie nicht das ganze Schuljahr durchweg ihre volle Energie  geben können!

  • Arbeite mit Kollegen zusammen! 

Im Fach Englisch halte ich es mittlerweile so, dass ich versuche mit den parallel unterrichtenden Kollegen der Jahrgangsstufe im Team zu planen und zu arbeiten.

Im Idealfall treffen wir uns 1-2 Mal und planen die gesamte Reihe inklusive Klausur. Dabei werden alle Aufgaben auf alle Lehrkräfte aufgeteilt und eine Frist festgelegt, bis wann man sie fertig haben sollte. Besonders hilfreich ist dafür ein Online-Speicher, um die Materialien für alle übersichtlich verfügbar zu machen.

Vorteile: Ich behalte als Lehrer von Anfang an den Überblick über die gesamte Reihe, die Klausur und alle Materialien. Natürlich erfordert die Planung am Anfang recht viel Zeit (für die Oberstufe sitzen wir manchmal 5-6 Stunden am Stück zusammen), doch während der Reihe hat man mehr Luft für andere Aufgaben und die Stunden sind top 😊 Für die Schüler ist es fairer, da jeder Kurs das Gleiche macht und sich keiner benachteiligt fühlen kann. Wirklich perfekt ist es dann noch, wenn auch die Klausuren parallel geschrieben werden können.

  • Lache über dich selbst!

Trotz guter Planung und toller Ideen klappt es manchmal einfach nicht. Entweder die Technik will an dem Tag nicht so wie man selbst oder die Schüler beschäftigt ein aktuelles Geschehen so sehr, dass sie lieber darüber diskutieren wollen. Wenn ich merke, dass es einfach nicht geht, sage ich es den Schülern auch so und muss lachen. Das beste Hilfs- und Heilmittel ist dabei nämlich der eigene Humor! Ich habe bisher nur erlebt, dass die Schüler dann herzlich mitlachen, sie sogar selbst zugeben, dass sie solche Situationen kennen und wir danach in entspannter Atmosphäre tatsächlich weiter machen können!

Vorteile: Ich kann ehrlich zu mir und zu den Schülern sein, selbst wenn das eigentliche Stundenziel nicht so erreicht wird, wie es geplant war.  Die Schüler sehen mich als authentischen Menschen, der auch Probleme haben kann und mit Situationen umgehen muss, die nicht geplant waren. Das Verhältnis ist dadurch oft viel vertrauter!

  • Genieße und nutze deine freie Zeit!

Man sollte die “unterrichtsfreie Zeit” wirklich als Urlaub verstehen, zumindest teilweise, um einen freien Kopf bekommen. Auch wenn man “nur” zu Hause bleibt und nicht weg fährt, sollte man ohne schlechtes Gewissen in die Schule zurückkommen und nicht darüber grübeln, was man noch alles hätte schaffen können. Das ist zwar auch für mich die schwerste Aufgabe, doch die  klare Trennung von Arbeits- und Freizeit ist grundlegend!

Vorteile: Ich kann mich tatsächlich von der Schule lösen und meine freie Zeit zum Erholen und Entspannen nutzen. Die Schüler merken das auch, wenn sie eine “frische” Lehrerin vor sich stehen haben, die sich auf sie und den Unterricht freut, und sie gemeinsam das Schuljahr motiviert bewältigen können.

  • Komme früher in die Schule! 

Hier möchte ich mich @LeAuLei anschließen. Sie schreibt in ihrem Blog: “Ich komme schon etwas vor dem Unterricht in die Schule, um mit Kollegen zu quatschen (dafür ist sonst viel zu wenig Zeit).”

Auch ich komme mindestens eine halbe Stunde vor Stundenbeginn in die Schule.

  • Vorteile: In dieser Zeit kann ich nicht nur entspannt meine Materialien für die erste(n) Stunde(n) bereit legen und mich gedanklich auf den Tag einstellen. Was ich viel wichtiger finde, ist, dass sich dadurch eine kleine Frühstückskultur mit ein paar Kollegen entwickelt hat: wir sitzen zusammen, frühstücken, erzählen uns von den Erlebnissen des Vortages oder auch von den Plänen für den anstehenden Tag. Das hilft nicht nur ungemein der eigenen Laune, sondern extrem dem (Arbeits)Klima im Lehrerzimmer!

Zuletzt möchte ich noch ein Plädoyer für mehr Digitales geben: Wenn in allen Schulen ALLE Pläne  (Vertretung, Klausuren, Räume, Termine) online wären und alle einen Onlinespeicher für Materialien aller Fächer (auch für Vertretung) hätten, liefe die Organisation des Lehrerlebens sehr viel einfacher!

Ich hoffe, ich konnte mit meinen Erfahrungen und Tipps anderen gestressten Lehrern ein wenig helfen und freue mich auf weitere Tipps und Tricks in dieser Blogparade! 😃

* Der Edchatde ist ein wöchentlicher Twitterchat, zu dem sich Lehrende und Bildungsinteressierte jeden Dienstag von 20-21 Uhr auf Twitter “treffen” und über ein vorher abgestimmtes Thema diskutieren.

Photo credits:
https://pixabay.com/de/kissen-entspannen-chill-doch-650243/
https://www.brainpickings.org/2013/07/25/ruth-krauss-maurice-sendak-open-house-for-butterflies/

4 Kommentare

  1. Das würde ich mal so unterschreiben! Nur beim Punkt “Teamarbeit“ bin ich doch etwas neidisch, weil das bei uns so stark wie bei euch (noch) nicht ausgeprägt ist. Aber das wäre fürs neue Schuljahr vielleicht mal ein Punkt, den man in Angriff nehmen könne. Mitstreiter finden sich bestimmt!

    • Danke 😊
      Diese Teamarbeit beruhigt auch wirklich ganz stark darauf, dass wir als Kollegen das unter uns ausgemacht haben, sprich, wir selbst sind die treibende Kraft dazu!
      Daher rate ich dir: sprich selbst deine Kollegen an, die mit dir parallel unterrichten, und schlage die Teamarbeit vor. Am besten bereitest du noch tolle Pro-Argumente vor, dann können sie gar nicht nein sagen 😉

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