Kreative Wortschatzarbeit

Vokabeln lernen: Das gehört zu allen (Fremd)Sprachen mit dazu, mal mehr, mal weniger. Je nach Schüler oder Schülerin fällt es dem einen leichter, wenn er mit Listen lernt, mal kommt es auf die Wörter an oder auf die Menge. Fest steht jedoch, dass die aktive Wortschatzarbeit fester Bestandteil sowohl im Unterricht als auch in den außerunterrichtlichen Lernphasen sein muss. Warum sollte man das Ganze also nicht auch mit ein bisschen mehr Spaß, Kreativität und Bewegung kombinieren?

Die Grundlage in meinem Unterricht

Vielleicht ist die Grundlage bei mir immer ein bisschen konservativ-traditioneller angelegt, aber ich habe bisher gute Erfahrungen damit gemacht, wenn man darauf aufbauen kann. Im Anfangsunterricht, sowohl in Englisch als auch Latein, widme ich oft eine ganze Schulstunde der Einführung, wie man Vokabeln lernen kann. Dabei beziehe ich die Schülerinnen und Schüler mit ihren bisherigen Erfahrungen und Vorlieben ein. So sammeln wie erst einmal Methoden, die sie kennen und/oder angewendet haben. Die meisten Schulbücher bieten mittlerweile auch einen Abschnitt an, um mehrere Lernmethoden vorzustellen. In Klasse 5 im Englischbuch “Access 1” von Cornelsen sieht das zum Beispiel so aus:

CORNELSEN Access English 1, S. 27

Wir legen dann fest, dass wir die Methoden für einen gewissen Zeitraum ausprobieren wollen. Wir fangen immer mit den Listen mit drei Spalten an – das ist die einfachste Methode gerade für die Schülerinnen und Schüler, die bisher noch nicht so viele Erfahrungen sammeln konnten. Die Vorgabe, ebenfalls aus dem Englischbuch, sieht so aus:

CORNELSEN Access English 1, S. 198

In der dritten Spalte sind bereits vom Verlag aus einige Hilfestellungen angegeben. Ich ermutige meine SuS dann dazu, ihre eigenen Eselsbrücken zu finden, kleine Zeichnungen zu machen, usw. Das heißt auch, sie sollen nach Zeilen arbeiten: erst das englische/lateinische Wort, dann die deutsche Übersetzung, dann die Merkhilfe für die dritte Spalte. So wissen sie, wie viel Platz sie benötigen und müssen nichts in die eigentlich wichtigste Spalte quetschen. [Das muss wirklich eingeübt werden! Sonst schreiben sie schlichtweg alles untereinander ab und sagen dann, sie finden kein Beispiel mehr, das passt. 🤓]

Vorschau: Das ist das Arbeitsblatt zum Ampelkasten – du erhältst das PDF hier oder beim Klicken auf das Wort Ampelkasten im Text.

In den nächsten Wochen probieren wir dann Karteikarten, Ampelkasten und digitale Varianten aus. Wichtig ist immer, dass sie auch hierbei quasi “die dritte Spalte” dabei haben: Es sollte niemals ohne Kontext gelernt werden, also z.B. bei der Karteikarte nicht nur das englische Wort auf der Vorder- und die deutsche Entsprechung auf der Rückseite. Auch hier können vorn als Merkhilfe schon kleine Skizzen oder ein englischer Satz mit aufgenommen werden. Der Hintergrund ist, dass die meisten Wörter (übrigens auch so manches grammatisches Phänomen) in “Chunks” gelernt werden, also meist nicht als einzelnes Wort, sondern in einem Beispielsatz, wie man das Wort anwenden kann.

Nach einer gewissen Zeit sprechen wir nochmals über die Erfahrungen und welche Methode sie für sich gefunden haben, die für sie am besten funktioniert. So sollen sie schon früh reflektieren und auch lernen, dass sie die Methode auch ruhig wechseln können. Außerdem kontrolliere ich die SuS nach einer gewissen Zeit auch nicht mehr, sondern sage ihnen, dass ich ihnen vertraue, dass sie die Lernwörter in ihrer Methode lernen, wenn ich sie aufgebe.

Die kreative Erweiterung – zum Wiederholen und Üben

Ludger Schiffler beschreibt schon 2012 in Effektiver Fremdsprachenunterricht, dass das Lernen der Vokabeln eigentlich anders laufen sollte, damit sie auch wirklich im Langzeitgedächtnis gespeichert werden können. “Dies geschieht am besten mit Hilfe von mehrmaligen Wiederholungen, in ganz verschiedener Art: z.B. kann man mit Bewegung lernen, mit mentaler Visualisierung und in Entspannung, mit gezielten Lernhilfen und in »helfender« Partnerarbeit.”

Genau das will ich nicht nur für das Lernen zu Hause, sondern auch im Unterricht selbst verankern. Besonders jetzt, wenn es wieder zurück in den Präsenzunterricht geht, bietet sich dieses Wiederholen als gute Möglichkeit zum “Wiederankommen” an, aber es sollte wirklich etabliert werden. Auch mit Bezug auf die genialen Tipps von Caroline von Saint Ange möchte ich hier nun einige Beispiele zeigen, wie man diese kreative Arbeit ganz einfach und mit viel Spaß umsetzen kann:

Hüpfekästchen

Dieses Spiel können die Schüler kinderleicht zu Hause selbst nachmachen und z.B. die schwierigsten Lernwörter aufschreiben und dann abhüpfen. Das habe ich als mögliche Aufgabe für die Distanzunterricht gegeben und das obere linke Bild ist ein “Beweis” davon. Wer sich nichts unter dem Begriff “Hüpfekästchen” vorstellen kann, der schaut bei Kinderspiele-Welt vorbei, da sind einige Arten erklärt.

Für den Unterricht sah die Aufgabenstellung zum Beispiel folgendermaßen aus:

🌼 Vorbereitung: Schreibe 5-8 „schwierige“ Vokabeln aus Lektion 6 mit Übersetzung auf den kleinen Zettel auf.

🏫 Draußen: Du kannst allein oder mit einem Partner arbeiten.

🌼 Denk dir eine Art “Hüpfekästchen-Spiel” aus, z.B. Himmel & Hölle, Pyramide, usw. Nimm dir ein Stück Straßenkreide und male das Spiel auf. Überlege, ob es Joker-Felder geben soll.

🌼 Befestige die Lösung daneben an der Säule (falls sich mal jemand nicht sicher ist).

🌼 Hüpfe die Kästchen und nenne die Bedeutung des Wortes. Kannst du es auch umgekehrt? Kannst du es unter 10 Sekunden?

🌼 Wirf das Stück Kreide oder einen kleinen Stein und nenne dann die Bedeutung des Wortes.

🌼 Gehe zu den anderen Spielen und hüpfe sie ab: Kennst du nun alle Wörter? Wenn du bereits nachgedacht hast, aber auch dein Partner die Bedeutung des Wortes nicht kennt, schaut auf dem Lösungszettel an der Säule nach.

In dem Lateinkurs in Klasse 7 habe ich ebenfalls die Grammatik mit aufgenommen. Während die SuS ihre Spiele aufmalten, habe ich eine Übungsstation für die Deklinationen vorbereitet, die sie dann erst abgehen und dann mit ihren Wörtern üben konnten.

Hier war die Aufgabe zusätzlich:

🌼 Suche dir 1-2 Adjektive aus und schreibe sie auf (ohne Übersetzung).


🌼 Suche dir 1-2 Substantive – aus verschiedenen Deklinationsklassen! – aus und schreibe sie auf (ohne Übersetzung).

🌼 Übe die Deklination an der Übungsstation, z.B. indem du sie abhüpfst. Ersetze das Wort dann mit deinen eigenen Substantiven.

🌼 Schaffst du es Substantiv und Adjektiv gleichzeitig zu deklinieren? Und dabei zu hüpfen?

Das Lustige daran war, dass ich im Anschluss auch noch Pausenaufsicht hatte und sehen konnte, wie auch andere Schülerinnen und Schüler die Spiele entdeckten und ganz selbstverständlich anfingen zu spielen. Und falls sich jemand Sorgen macht: Nach dem ersten, spätestens nach dem zweiten Regenschauer war wieder alles weggewischt als wäre nichts gewesen. 😇

Eigene Brettspiele

Diese Variante eignet sich vor allem, wenn es wie momentan draußen eher regnet und das Malen mit Kreide nicht so angebracht ist.

Ich habe ihnen zu Beginn der Stunde erklärt, was wir in der Stunde vorhaben und dann kurz abgefragt, welche einfachen Brettspiele sie kennen, damit sie eine Vorstellung haben. Es sollte außerdem nicht zu kompliziert werden, damit sie ja alle mindestens zwei Spiele spielen konnten – das eigene und das des Sitznachbarn.

Ich habe dazu eigene Würfel (aus Schaumstoff, damit es nicht so laut ist!) und Spielfiguren mitgebracht. Die Schülerinnen und Schüler brauchen nur ein Blatt Papier und Stifte. Auch hier gilt: Lieber weniger Vorgaben, damit die SuS kreativer sein können!

🌼 Erstelle dein eigenes Brettspiel auf einem A4-Blatt mit den Vokabeln von Lektion/Unit XY und mit grammatischen Feldern, z.B. “Gen. Pl. amica”.

🌼 Überlege dir, ob es Zusatzfelder wie “aussetzen”, “nochmal würfeln”, usw. geben soll.

🌼 Erstelle ein separates Lösungsblatt, damit es keine Unsicherheiten gibt und du später bei Bedarf schnell nachschauen kannst.

🌼 Spiele dein eigenes Spiel: Überpüfe, ob das Spiel “aufgeht”. Kennst du alle Wörter?

🌼 Spiele mit deinem Sitznachbarn beide Spiele. Wer kennt mehr Wörter?

Lernen mit Bildern

Visualiserungen sind meines Erachtens eine der besten Mnemotechniken, die es gibt. Ich habe es bereits mit Sketchnotes und Bildern aus dem Internet im Unterricht ausprobiert. Bei letzterem ist mir besonders wichtig, dass sie sich auch an die Handhabe mit Quellen gewöhnen und so auch solche Seiten nutzen, wo sie lizenzfreie Bilder finden können.

Die Aufgabenstellungen hierzu waren ebenfalls ganz einfach:

🎯 Ziel: Wir spielen ein Bildquiz mit euren Bildern – ihr sucht die passenden Bilder heraus, die Klasse muss raten!

🌼 Zeichne kleine Skizzen für die Vokabeln der Unit / Lektion.

🌼 Suche „freie” Bilder online, die für bestimmte Wörter stehen können (speichere den Link mit ab!).

📲 Schicke mir die Bilder bis XY, damit ich daraus ein Quiz erstellen kann.

Bei diesen Beispielen konnte man immer gut entscheiden, ob man die Vokabeln dazu sehen wollte oder nicht. Das kann man dann auch als Tipp-Option dazu geben. So können auch zwei Personen eine Vokabel bearbeiten.

Die Präsentation habe ich dann einfach an die Schülerinnen und Schüler geschickt, sodass sie damit auch weiter üben konnten.

Lernen zu Hause

Nicht nur für den Distanzunterricht eignen sich diese Übungen, auch für die “normalen Vokabelhausaufgaben”. Auf Instagram habe ich bereits dazu geschrieben, hier der Vollständigkeiten halber nochmals:

Begleitbuch S. XY
Lerne die neuen Vokabeln von Lektion 6 auf kreative Weise! Such dir etwas aus bzw. denke dir etwas aus:
🌼 notiere dir zB 10 Wörter auf Post Its und verteile sie in verschiedenen Räumen; immer wenn du daran vorbei kommst, sagst du das deutsche und lateinische/englische Wort
🌼 suche „freie” Bilder online, die für bestimmte Wörter stehen können (speichere den Link mit ab!)
🌼 nutze einen Fenster- oder Kreidemaler und schreibe Vokabeln ans Fenster; sobald du die Wörter sicher kennst, wische sie weg
🌼 nimm dir Straßenkreide, male dir Kästchen auf den Weg und schreibe einige Wörter auf; hüpfe die Kästen ab und nenne immer die lateinische oder deutsche Übersetzung

🌻 Ihr könnt euch natürlich auch selbst etwas ausdenken!

📲 Suche dir mindestens zwei unterschiedliche Methoden aus und schicke mir ein paar Bilder von deinen Vokabelideen!

Weitere Tipps

Das #instalehrerzimmer bietet auch für mich immer wahnsinnig viele Ideen und Impulse, die ich gern an meine Lerngruppen anpasse. Hier habe ich daher noch drei Tipps, auf die ich gern konkret hinweisen würde:

Bei Steffi gibt es eigene Spielbretter, die die Kinder selbst im Werken-Unterricht hergestellt haben. Wenn man das mit austauschbaren Vokabelfeldern verbinden könnte, fände ich das super!
Wie man in diesem Ausschnitt schon sehen kann, mag MrsKingBell keine Vokabelhefte. Wie sie die Lernboxen einsetzt, sieht man in dem Beitrag.
Die schon erwähnte Caroline von Saint Ange zeigt hier zum Beispiel in diesem Post, wie es vor allem funktioneiren kann, wenn es schon schwierig ist. Hier sind besonders Erfolgserlebnisse wichtig. Und wo kann man die besser erzielen als bei kleinen Spielen?

Wenn du beim Lesen nun den totalen Drang verspürt hast, auch einige Vokabelspiele in deinen Unterricht zu integrieren und zum festen Bestandteil zu machen, habe ich hier noch einige Linktipps mit Ideen für Spiele:

Was sagst du? Wird die Wortschatzarbeit demnächst ein bisschen kreativer? Trau dich ruhig! Auch eine “ganze Stunde” für Vokabelarbeit ist keine “verschwendete” Stunde!!!

6 Kommentare

  1. Vielen Dank für diese tolle Sammlung. Wieviel Zeit hast du ca. zum Erstellen der Spiele und spielen gegeben? (Einzel oder Doppelstunde)
    Lieben Dank
    Stefanie

    • Hallo Stefanie!

      Bei uns sind es 70-Minunten-Stunden. Zum Erstellen der Spiele haben sie ≈ 15min gebraucht – je nachdem, wie viel Farbe die Spiele noch haben sollten. Da jedes Kind ein Spiel erstellt, können sie ja dann auch 2-4 Spiele erst zu zweit, dann zu viert spielen.

      Du kannst also ganz entspannt eine ganze Schulstunde damit verbringen. Du kannst es aber auch in 40min schaffen.

      Viele Grüße!
      Nina

  2. Liebe Nina,
    danke für den Artikel!
    Welche digitalen Varianten von denen du schreibst, lässt du sie ausprobieren?
    Ich bin in einer 6. Klasse im Bundesland Bremen an einer Gemeinschaftsschule und sie haben bisher leider kein Vorwissen zum Thema Lernen lernen.
    Viele Grüße!
    Jacqueline

    • Liebe Jacqueline,

      wir haben ANKI ausprobiert, das ist ein Programm für Computer und Mobilgeräte, bei dem man selbst alle Wörter eintippen muss und das Programm sich dann anpasst. Wenn es also merkt, dass du bei einer Vokabeln unsicher warst, wird es diese dir öfter zuspielen und diese abfragen als andere. Man kann auch mehrere Lernvarianten nutzen, also anklicken, selbst schreiben, andere Übersetzungsrichtung usw.

      Außerdem nutze ich gern Quizlet und Kahoot. Gerade bei ersterem kann man auch die Lern- und Übungsmodi gut nutzen und dann spielerisch abfragen.

      Hoffe, das hilft weiter ☺️

      Viele Grüße
      Nina

Schreibe einen Kommentar zu Nina Toller Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.

Beitragskommentare